Zwischen Hype und Realität
Vor etwa einem Jahr begann ich, mich intensiv mit Themen rund um Gesundheit und Ernährung zu beschäftigen. Dabei kam ich um den Begriff Superfood nicht herum. Als ich das erste Mal davon las, dachte ich, dass das sehr gesunde Lebensmittel sein müssten, so, wie die Werbeversprechen versichern, und als neuerdings gesundheitsbewusster Mensch wollte ich mir natürlich auch die eine oder andere Scheibe davon abschneiden.
Also kaufte ich dann Superfoods und mischte es unter mein Essen. Voller Begeisterung informierte ich mich mehr und mehr über die Powerzutaten und fand Interessantes dabei heraus. Was genau das war, werde ich dir im folgenden Beitrag näherbringen.
Seitdem hat sich mein Blick auf Superfoods allerdings verändert. Während viele dieser Lebensmittel tatsächlich beeindruckende Nährstoffprofile aufweisen, ist auch klar geworden, dass nicht alles, was als Superfood beworben wird, wirklich hält, was es verspricht.
Was genau ist Superfood?
Auf der Suche nach einer Definition zum Begriff Superfood bin ich überraschenderweise auf keine allgemeingültige gestoßen.
Vielmehr schrieben die meisten Seiten, dass „Superfood“ weder rechtlich noch wissenschaftlich definiert sei. Dadurch kann jeder den Begriff nach eigenem Belieben benutzen, dehnen und beugen.
Superfood wird häufig in Verbindung mit exotischen, mittlerweile aber auch heimischen, Lebensmitteln zum Zweck der Vermarktung verwendet. Die Händler preisen in der Regel einen hohen Nährstoffgehalt an, der aufgrund seiner hohen Konzentration gesundheitsfördernde Eigenschaften mit sich bringen soll.
Laut der Verbraucherzentrale existieren für die beworbenen Eigenschaften der Superfoods nur spärlich weitgehende wissenschaftliche Nachweise. Das bedeutet, dass es kaum Studien zu den einzelnen Superfoods gibt, von Langzeitstudien ganz zu schweigen. Es gibt zwar einzelne Studien, die positive Eigenschaften nachweisen, diese sind aber eher kritisch zu betrachten, denn sie beziehen sich zum einen auf einzelne Wirkstoffe und nicht auf das Lebensmittel in voller Gänze. Zum anderen lassen sie sich nicht auf den Menschen übertragen, da die Studien entweder an Zellen oder Tieren durchgeführt wurden.
Die Folgen des Superfood-Hypes
Sobald ein Lebensmittel als gesund gilt, steigen dessen Verkaufszahlen. Doch es gibt Folgen: Wälder werden abgeholzt, Monokulturen entstehen und steigern den Wasserbedarf. Abhängig vom Wasserbedarf und dem Klima in der Region kann dies wiederum zu Wasserknappheit führen, wodurch die lokale Bevölkerung leiden kann.
Infolge des Blaubeeren-Hypes 2021 wurden zum Beispiel in der peruanischen Wüste riesige Felder angelegt, die künstlich bewässert werden mussten. Das geschah zum Teil durch Schmelzwasser der Anden, aber auch durch einen umgeleiteten Fluss – zum Leidwesen der ansässigen Kleinbauern, die seitdem über Wassermangel klagen.
Die meisten Superfoods müssen aus dem Ausland importiert werden, da sie bei uns nicht angebaut werden können. Durch die daraus resultierenden langen Transportwege entstehen einerseits extrem hohe CO2-Emissionen und andererseits verlieren die Lebensmittel dabei einen Teil ihrer Nährstoffe. Um bei unserem vorherigem Beispiel zu bleiben: Die Strecke, die die peruanischen Blaubeeren zurücklegen, bis sie in Europa ankommen, beträgt über 10.000 Kilometer. Damit das Superfood auf dem Weg zum Kunden nicht schlecht wird, würde es laut Marktcheck SWR unter anderem durch Pilzgift haltbar gemacht, da bei solchen Distanzen Kühlung allein nicht ausreiche.
Können Superfoods schädlich für die Gesundheit sein?
Jein. Es kommt darauf an, da verschiedene Faktoren dabei zu betrachten sind. Wo kommt das Lebensmittel her? Wie weit sind die Transportwege? Welche Gesetze gelten im Anbauland? Wie wird es angebaut?
Wie schon erwähnt, verliert das Lebensmittel durch den langen Transport Nährstoffe – und könnte durch verschiedene Konservierungsmaßnahmen sogar mit Schwermetallen oder Giftstoffe belastet sein.
Der Hersteller trägt Sorge dafür, dass sein Produkt sicher ist. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass bei Superfoods, neben Pestiziden, gar Verunreinigungen wie Mineralöl und Bakterien nachgewiesen werden. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich im Vorfeld informieren, woher das Lebensmittel kommt und welche Gesetze gelten, alternativ kann man sich auf der Seite von www.klartext-nahrungsergaenzung.de aktuelle Verbraucherwarnungen anzeigen lassen.
Ist das Superfood unbelastet, dann ist es durchaus gesund, sofern es nicht hochverarbeitet oder, im Fall von Nahrungsergänzungsmitteln, überdosiert ist. Dennoch ist es ratsam, sich bei Superfoods über Wechselwirkungen zu informieren, da die Goji-Beere zum Beispiel eine blutverdünnende Eigenschaft aufweist – was zu Problemen führen kann, wenn der Konsument beispielsweise gerinnungshemmende Medikamente einnimmt. Sicherheitshalber sollten Menschen mit Vorerkrankungen und/oder Medikamenteneinnahme vor dem Verzehr der Superfoods Rücksprache mit dem Hausarzt halten, um eventuelle Wechselwirkungen zu vermeiden.
Im Video Superfoods: Wie gesund sind sie wirklich? aus der ARD-Mediathek geht Ernährungs-Doc Matthias Riedl auf die Thematik ein und zeigt nährstoffreiche und vor allem heimische Alternativen auf.
Gibt es wissenschaftlich belegte Superfoods?
Obwohl das Wort Superfood vor allem als Marketinginstrument verwendet wird, gibt es tatsächlich viele Lebensmittel, die nachweislich gesundheitsfördernde Eigenschaften haben. Diese Lebensmittel sind reich an Nährstoffen und können zu einer ausgewogenen Ernährung beitragen.
Im Folgenden zeige ich einige der Wenigen auf, die wissenschaftlich belegt sind, und verlinke zu den entsprechenden Studien:
Kakao und Schokolade
Wie wir alle wissen, macht Schokolade essen glücklich. Dunkle Schokolade soll zudem auch noch sehr gesund sein, wenn man sie in Maßen genießt.
Laut einer Studie von 2021, bei der Teilnehmer täglich 30g dunkle Schokolade mit 85% Kakaoanteil zu sich nahmen, gäbe es Anzeichen dafür, dass diese probiotische Wirkungen hätten. Dies zeige sich in der Umstrukturierung der Vielfalt und Fülle der Darmbakterien, wodurch sich möglicherweise negative emotionale Zustände über die Darm-Hirn-Achse verbessern können. Kakao und Schokolade enthalten auch Vitamin D, das beispielsweise als Nahrungsergänzungsmittel bei Winterdepression empfohlen wird und zur Stimmungsaufhellung beiträgt.
In einer anderen Studie von letztem Jahr kam etwas heraus, das alle Naschkatzen erfreuen wird: Sie geht davon aus, dass Zartbitterschokolade, die mit Polyphenol angereichert ist, die effiziente Nutzung kognitiver Ressourcen verbessere. Sie verringere die Anstrengung der Gehirnaktivität.
Matcha und Grüner Tee
Das Trinken von Matcha und Grünem Tee verbessere laut Experten die Schlafqualität. Dieser Effekt würde durch die beruhigenden und stressreduzierenden Eigenschaften der Aminosäure L-Theanin hervorgerufen, die in den Studien Stress-Reducing Function of Matcha Green Tea in Animal Experiments and Clinical Trials und Matcha Does Not Affect Electroencephalography during Sleep but May Enhance Mental Well-Being entdeckt wurde. Darüber hinaus konnten positive Effekte auf die mentale Gesundheit beobachtet werden, bei denen vermutet wird, dass sie auf die verbesserte Schlafqualität zurückzuführen sind.
Davon abgesehen enthält Matcha neben L-Theanin und einem hohen Koffeingehalt noch weitere Inhaltstoffe, zu denen es zwar keine Studien gibt, die aber dennoch nennenswert sind: Vitamin A, B1, B2, B6, E, C und K. Dazu kommen noch die Mineralstoffe Calcium, Eisen, Kalium, Zink, Kupfer und Phosphor, sowie eine hohe Konzentration an Antioxidantien, die zellschädigende freie Radikale bekämpfen, sowie weitere wichtige Aminosäuren, Bitterstoffe, Lipide und Proteine.
Mein Fazit
Die sogenannten Superfoods sind letztendlich normale Lebensmittel, die einen zumeist exotischen Ursprung besitzen, wie z.B. die Goji-Beere, Chiasamen und ja, auch die Avocado. Um diese, für uns damals noch unbekannten, Lebensmittel besser vermarkten zu können, hat man ihnen den Superfood-Stempel in Verbindung mit tollen gesundheitsfördernden Eigenschaften aufgedrückt, die zu dem Zeitpunkt noch nicht wissenschaftlich nachweisbar waren.
Das Ganze hat funktioniert, denn auch ich bin darauf angesprungen und habe mir Superfoods gekauft, im Glauben, meiner Gesundheit damit etwas Gutes zu tun, bevor ich mich eingehender mit ihnen beschäftigte.
Wie oben bereits erwähnt, enthalten einige solcher Superfoods nachgewiesenermaßen gesundheitsfördernde Eigenschaften – wobei es allerdings nicht für alle Studien gibt. Außerdem hängt an einem Obst oder Gemüse mehr, als nur deren Inhaltsstoffe: Es geht auch um die Umstände des Anbaus, der Bewässerung, der Ernte, des Transports, und so weiter. Denn wer will schon mit seinem Kauf Ausbeutung von Menschen oder Natur fördern?
Insgesamt sollte man also den schillernden Versprechungen der Medien und InfluencerInnen stets zuerst kritisch gegenüberstehen und gegebenenfalls recherchieren, bevor man einem Trend aufspringt.
Bevor ich mir ein Lebensmittel kaufe, dass als Superfood bezeichnet wird, werde ich mich zukünftig jedenfalls genauer darüber informieren, ob die Behauptungen der gesundheitsfördernden Eigenschaften wirklich zutreffen, welche Folgen der Kauf für die Umwelt hat, und ob es nicht doch heimische Alternativen gibt.
Meine Quellen
Stiftung Gesundheitswissen
Achtsame Ernährung wie Superfoods die Umwelt belasten
Augen auf beim Blaubeeren-Kauf! Das Superfood hat auch Schattenseiten
Ernährungsradar
Spektrum: »Von Pulvern und Extrakten aus Superfoods rate ich ab«
Cocoa and chocolate are sources of vitamin D2 (2018)
The effects of dark chocolate on cognitive performance during cognitively demanding tasks: A randomized, single-blinded, crossover, dose-comparison study (2024)


